Der erste Jahresabschluss einer Aktiengesellschaft

Der erste Jahresabschluss einer Aktiengesellschaft

17. Dezember 2018

In der Schweiz sind Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristische Personen (Aktiengesellschaften) zur Buchhaltung und Rechnungslegung verpflichtet. Der Umfang der Dokumentations- und Revisionspflicht ist abhängig von der Unternehmensform, deren Umsätze oder Grösse.

Festlegung des Geschäftsjahr
Für die Buchhaltung muss nach der Gründung zuerst das buchhalterische Geschäftsjahr festgelegt werden. Ein Geschäftsjahr umfasst in der Regel 12 Monate und entspricht dem Kalenderjahr. Für Saisonbetriebe (z.B. Bauwirtschaft, Tourismus) ist es aus steuerlichen Gründen sinnvoll, das Geschäftsjahr so zu legen, dass es vor der Hochsaison abgeschlossen wird. Dies erlaubt die Reservenbildung auf dem vollen Lager und die Auswertung der Saisonzahlen. In Kantonen ohne Einheitssteuersatz auf Unternehmensgewinnen (z.B. Luzern) ist es ausserdem möglich, bei Neugründung ein erstes überlanges Geschäftsjahr zu wählen. Diese Praxis bringt steuerliche Vorteile, weil in Folgejahren anfallende Gewinne mit den Verlusten der letzten 5 Jahre verrechnet werden können.

Erstellung des Jahresabschluss
Innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss eines Geschäftsjahres muss die Jahresrechnung erstellt und eine Generalversammlung zur Genehmigung des Abschlusses durchgeführt werden. Als Hilfestellung für den ersten Jahresabschluss nachstehend eine Liste mit wichtigen Punkten:

1. Periodengerechte Verbuchung von Aufwand und Ertrag
Die Verbuchung der Erträge und Aufwendungen haben periodengerecht zu erfolgen. Das heisst, sämtliche im laufenden Jahr bezogene oder erbrachte Leistungen müssen unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung in diesem Jahr verbucht werden. Um die Periodengerechtigkeit zu erreichen, gibt es die Möglichkeit der Rechnungsabgrenzung. In der Fachsprache werden die Rechnungsabgrenzungen transitorische Aktiven (Ertrag) und transitorische Passiven (Aufwand) genannt.

2. Bewertungsvorschriften von Aktiven und Passiven
Für die Bewertung der Bilanzposten einer Aktiengesellschaft (AG) gilt das Vorsichtsprinzip. Aktiven und Erträge sind nach dem Niederstwertprinzip und dem Realisationsprinzip eher zu tief, Schulden und Abgrenzungen für Aufwendungen eher zu hoch anzusetzen. Bis Waren verkauft sind, dürfen sie z.B. höchstens zum Einstandspreis bilanziert werden. Anlagen, Rohmaterialien und Wertschriften dürfen höchstens zum niedrigsten der möglichen Werte angegeben werden. Das sind insbesondere die Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter Abzug der notwendigen Abschreibungen. Die jährlichen Abschreibungen auf dem Anlagevermögen sind anhand der Abschreibungstabelle des kantonalen Steueramtes vorzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass in gewissen Kantonen wie z.B. Luzern Einmalabschreibungen von 100% im ersten Jahr der Anschaffung erlaubt sind.

3. Berichtigung der Debitoren
Nicht mehr einzubringende Debitorenforderungen sind spätestens Ende Jahr über das Erfolgskonto „Debitorenverluste“ erfolgsmindernd auszubuchen. Für den restlichen Debitorenbestand können über das Wertberichtigungskonto „Delkredere“ steuerlich anerkannte Rückstellungen von pauschal 5% auf inländische und 10% auf ausländische Debitoren gebildet werden. Die gebildeten Rückstellungen vermindern den Jahreserfolg. In den Folgejahren wird der Saldo des Delkrederekontos durch Verbuchung des Differenzbetrages zur Rückstellung des Vorjahrs angepasst. Bei Bildung von weiteren Reserven verringert sich der Jahreserfolg und bei Auflösung der Reserven steigt der Jahreserfolg entsprechend.

4. Bildung von Rückstellungen
Muss aufgrund eines entstandenen Risikos, in Folgejahren mit Zahlungen an Dritte gerechnet werden, darf für die erwartete Zahlung eine Rückstellung gebildet werden. Die Berechnung muss für die Steuerbehörde nachvollziehbar sein. Ausserdem müssen Rückstellungen immer mit einem konkreten Risiko des laufenden Jahres verbunden sein wie z.B.:

• Nicht bezogenen Ferientage, Überstunden, Überzeit
• Schadenersatzansprüche sofern per Bilanzstichtag vorliegend
• Geschuldete Mehrwertsteuer bei Abrechnung nach vereinnahmtem System
• Prozessrückstellungen für laufende Rechtsprozesse

Beim Eintritt oder Wegfall des Risikos werden Rückstellungen wieder erfolgswirksam aufgelöst.

5. Zahlungen zwischen Beteiligten oder Nahestehenden von Gesellschaften
Bei Darlehen oder Vorschüssen zwischen der Gesellschaft und Beteiligten oder Nahestehenden ist Vorsicht zu walten. Sowohl die Zahlung eines Darlehens oder Vorschusses, wie auch eine falsche Verzinsung können zu unangenehmen Steuerfolgen führen. Vor der Vereinbarung eines Darlehens oder Vorschusses sollte ein Fachmann beigezogen werden, um finanzielle Risiken von simulierten Darlehen, Einlagerückgewähr oder verdeckter Gewinnausschüttung zu verhindern. Für die steuerlich akzeptierte Verzinsung publiziert die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) jährlich ein Rundschreiben.

Bei Alleinaktionären besteht ausserdem die Gefahr, dass nicht betriebsnotwendiger Aufwand wie z.B. Ausgaben für private Wertgegenstände, private Essen oder Ferien über das Firmenkonto bezahlt werden. Diese Aufwände dürfen nicht in den Gesellschaftsaufwand gebucht werden. Stattdessen müssen sie dem Aktionär z.B. über ein KTO-KRT-Konto belastet werden.

Reserven Bildung und Dividendenauszahlung
5% des Jahresgewinnes muss mit dem Beschluss zur Gewinnverwendung der Generalversammlung den gesetzlichen Reserven zugewiesen werden, bis diese kumuliert 20% des Aktienkapitals ausmachen. Bei einem Jahresverlust entfällt die Bildung von Reserven. Aus dem Bilanzgewinn und hierfür gebildeten Reserven dürfen Dividenden an die Aktionäre entrichtet werden. Als Grunddividende sind 5% des Aktienkapitals auszuschütten. Eine über diese 5% hinausgehende variable Ausschüttung wird Superdividende genannt. Darauf müssen wiederum gesetzliche Reserven in Höhe von 10% der Superdividende gebildet werden. Zu beachten ist PuTTY , dass die Dividende der Verrechnungssteuer unterliegt. Die Gesellschaft hat den Beschluss zur Dividendenausschüttung der ESTV zu melden und ihre 35% der Dividende direkt zu entrichten. Den Aktionären werden 65% der Dividende direkt ausbezahlt.

Die Prüfung der MWST-Pflicht
Nach Vorliegen des Jahresabschlusses muss geprüft werden, ob ab dem Folgejahr eine MWST-Pflicht besteht. Sollte diese bestehen, muss unverzüglich eine entsprechende Anmeldung bei der ESTV erfolgen.

-Angela Ulrich, Finanz- und Personalmanagement

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