Chancen und Risiken geschäftlicher Kommunikation via Messenger-Dienste

Chancen und Risiken geschäftlicher Kommunikation via Messenger-Dienste

26. November 2020

Die Corona-Pandemie resp. die entsprechenden vom Bundesrat erlassenen Schutzmassnahmen führten dazu, dass zahlreiche Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung vom Home-Office aus erbringen. Dieses Arbeitsmodell verpasst der Digitalisierung einen Schub und führt dazu, dass Arbeitnehmer nebst der altbewährten Email auch auf Kommunikationskanäle wie Messenger-Dienste (WhatsApp, Viber, Signal, etc.) ausweichen. Gewiss ist dadurch ein schneller, informeller und unkomplizierter Austausch zwischen sich im Home-Office befindenden Arbeitnehmern möglich, jedoch birgt dieser Kommunikationsweg auch gewisse Risiken resp. wirft gewisse rechtliche Fragen auf. Nachstehend sollen zwei Themenbereiche kurz beleuchtet werden.

1. Arbeitsrechtliche Aspekte
Aus arbeitsrechtlicher Sicht besteht die Problematik, dass Arbeitnehmer via Messenger-Dienste jederzeit erreichbar sind. Diese permanente Erreichbarkeit lässt sich mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Arbeitsgesetz (ArG) und den arbeitsrechtlichen Verordnungen nur schwerlich vereinbaren. Namentlich schreibt das Arbeitsgesetz eine Mindestdauer der Pausen (Art. 15 ArG) sowie eine minimale tägliche Ruhezeit von 11 (bzw. 14) aufeinander folgende Stunden vor (Art. 15a und Art. 17a ArG). Diese Pausen sind nicht gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer auf geschäftliche Nachrichten reagieren muss, zumal selbst kurze Anfragen den Erholungszweck vereiteln. Die permanente Erreichbarkeit der Arbeitnehmer via Messenger-Dienste ist auch mit der in Art. 328 ff. OR verankerten allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht vereinbar, denn aus dieser Bestimmung lässt sich konkret ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Einräumung genügend Raum für Erholung und Freizeit ableiten.

Gewiss haben Arbeitnehmer grundsätzlich keine Pflicht, ausserhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten auf Nachrichten des Arbeitgebers zu reagieren. In der Praxis kann jedoch durchaus ein sozialer Druck auf Arbeitnehmer entstehen, welcher in sog. Gruppenchats mit mehreren Arbeitnehmern und dem damit einhergehenden Konkurrenzkampf besonders ausgeprägt ist. Um Probleme zu vermeiden resp. einen Rahmen für die geschäftliche Kommunikation über Messenger-Dienste zu schaffe, gilt es insbesondere folgende Massnahmen umzusetzen:

  • Geschäftstelefon: Um die Grenzen zwischen der beruflichen und privaten Sphäre zu wahren, bietet es sich an, den Arbeitnehmern ein Smartphone für den geschäftlichen Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Dies ermöglicht es den Arbeitnehmern beispielsweise, in Pausen und am Feierabend lediglich ihre privaten Geräte zu nutzen und sich dadurch von geschäftlichen Nachrichten abzuschirmen. Ferner gilt es nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Überlegungen zu verhindern, dass die privaten Mobilenummern der Arbeitnehmer in Gruppenchats für sämtliche Chatnutzer sichtbar sind.
  • Benutzerreglement: Bei der geschäftlichen Nutzung von Messenger-Diensten drängt es sich auf, ein sog. Benutzungsreglement zu erlassen, welches die grundlegendsten Regeln wie namentlich die Dauer der Erreichbarkeit etc. definiert. Auch weitere Themen wie namentlich Mobbing und Sexismus sollten im Benutzerreglement angesprochen und Verhaltensgrundsätze festgelegt werden.

2. Urheberrechtliche Aspekte
Gemäss den aktuellen Nutzungsbedingungen darf namentlich die «WhatsApp App» nur für private Zwecke verwendet werden. So wird unter der Rubrik «Zulässige Nutzung unserer Dienste» ausdrücklich festgehalten, dass die Dienste der «WhatsApp App» grundsätzlich nicht auf eine Art und Weise genutzt werden darf, die «irgendeine nicht-private Nutzung unserer Dienste beinhaltet». Unter die nicht-private Nutzung der normalen «WhatsApp App» fällt auch die geschäftliche Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.  Ein solcher Verstoss gegen die Nutzungsbestimmungen von WhatsApp kann unter Umständen zivil- (Art. 61 ff. URG) oder gar strafrechtliche Konsequenzen (Art. 67 ff. URG) haben. Es entzieht sich den Kenntnissen des Verfassers, ob es bislang zu entsprechenden Verfahren gekommen ist.

Für die kommerzielle Nutzung werden von WhatsApp alternative Apps angeboten, namentlich die «WhatsApp Business App» und die kostenpflichtige «WhatsApp Business API», wobei letztere aus datenschutztechnischen Gründen zu bevorzugen ist. Auch andere Messenger-Anbieter haben kostenlose und für die geschäftliche Kommunikation geeignete Applikationen im Angebot.

Nebst den vorstehend kurz skizzierten Aspekten birgt die geschäftliche Nutzung von Messenger-Dienste zahlreiche datenschutzrechtliche Probleme, welche es mit einem Fachspezialisten vor der Nutzung fundiert abzuklären gilt. Nur so können empfindliche Sanktionen verhindert werden.

-MLaw Artan Sadiku, Rechtsanwalt

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